Vor dem Leben zu sterben, ist immer zu früh

Mir wurde es immer klarer: „ich bin nicht die Person, die jeder von mir erwartet zu sein. Ich bin nicht die Person, die ich in meinem tiefsten Inneren fühle.“ So wollte ich nicht weitermachen. Ich beschloss, mich in Frieden zu trennen, von meiner Frau und dann von meinem Leben. Ich sah nur den einen Weg, den Weg mit vielen Valiums und jede Menge Dosen Bier. Einen anderen Weg gab es nicht. „Wie denn?“

 

Dass etwas nicht stimmt mit ihm, merkt Jürgen (Name geändert) schon sehr früh. Da ist er vier Jahre alt. Aber was es ist, kann er nicht greifen und in Worte fassen. Er ist anders als die anderen Jungen in seinem Alter. Er ist schon erwachsen, als er feststellt, dass das Tragen von Damenwäsche sich für ihn stimmig anfühlt. Dass er im falschen Körper geboren und im tiefen Inneren eine Frau ist, ist ihm allerdings zu diesem Zeitpunkt noch immer nicht bewusst. Sein konservatives Elternhaus und die brave Gesellschaft machen es nahezu unmöglich, ein solches Bekenntnis abzugeben. Jürgen möchte gerne normal sein, so, wie die anderen. Er heiratet und bekommt eine Tochter. Der Wunsch aber, eine Frau zu sein, ist übermächtig. Immer mehr lebt er heimlich ein Doppelleben, bleibt jedoch offiziell als Jürgen weiter im falschen Körper. Zusehends verliert er sich und flüchtet sich in den Alkohol. Irgendwann beschließt er, so nicht weiterleben zu wollen. Er will seinem Leben ein Ende setzen, nicht aber, ohne zuvor die Frau in sein Leben zu lassen, die all die Jahre schon darum fleht, endlich gelebt zu werden.
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